Das Jahr des Säntis – 03/09/2022
Gegen 7 Uhr, der Himmel war bedeckt, aber leicht rötlich, gab es den ersten Regenschauer. Der Kalkstein wurde schlüpfrig. Es kam Wind auf und der Regen verzog sich so schnell wie er gekommen war.
Ich gewann schnell an Höhe, als ich plötzlich über mir eine Gruppe von Gämsen ausmachte. Zunächst noch weit über mir, aber ohne Scheu. Ich stieg höher. Der Weg führte nur 15 Meter an den zwei Eltern- und zwei Jungtieren vorbei. Tolle Fotos! Durch einen grellen Pfiff gaben mir die Tiere zu verstehen, dass jetzt die Grenze ihrer Zutraulichkeit erreicht war.
Der Weg führte mit viel Stahl weiter schnell in die Höhe. An der Tierwies Hütte, gab es gegen 8 Uhr den nächsten Regenschauer und der Fels war wieder nass. Ich konnte auch erkennen, dass aus der Ferne tiefhängende Wolken die Berge hinaufdrückten und den Gipfel des Säntis begannen einzuhüllen.
Der weitere Weg war gut gesichert und führte unter der Seilbahn hindurch, die mittlerweile den Betrieb aufgenommen hatte. In mehreren Bändern zog sich der Weg über den glatten Fels nach oben bis zu einem Übergang, wo auf der andere Seite der Abstieg nach Wasserauen möglich ist. Ich folgte dem Weg zum Gipfel über die Himmelsleiter. Eine gut gesicherte (Tritte und Stahlseile auf beiden Seiten) Aufstiegsroute durch eine fast senkrechte Wand hinauf zum Gipfelaufbau. Nichts für schwache Nerven.
Der Gipfel des Säntis ist, wie leider so oft in der Schweiz, total zugebaut. Es gibt neben der Seilbahnstation ein riesiges Hotel und einen 123 Meter hohen Turm und alles ist in gelb gehalten und sieht sehr unförmig aus. Ich habe auf dem Hinweg „Per Anhalter durch die Galaxis“ gehört und da wurden die hässlichen Vogonen Raumschiffe als Gelb mit vielen Beulen beschrieben. Das Bauwerk auf dem Gipfel war gelb und hatte viele überdimensionale Beulen. Im Gebäude gab es verschiedene Ausstellungen zum Berg und Wetter sowie verschiedene Aussichtsterrassen.
Die Wolken vom Aufstieg hatten sich mittlerweile verzogen und gaben einen grandiosen Blick über die Ostschweiz bis hin zum Pilatus, über den Zürichsee mit Rapperswil und über den gesamten Bodensee frei. Die Sonne schien und es war warm. Herrlich! Kurzzeitig spielte ich mit dem Gedanken über den Liesengrad hinüber und auf den Altmann zu steigen, aber ich war mir nicht sicher, ob ich das zeitlich alles schaffe, denn es sollte ja noch regnen, obwohl der Himmel aktuell tiefblau war. Ich genoss einfach die Aussicht und machte noch weitere Fotos.
Den Abstiegsweg wählte ich über eine andere Route, musst aber vorher noch die Girenspitz (2448 m) besteigen. Ich stieg Richtung Wasserauen ab. Der Weg war wieder komplett drahtseilgesichert und nicht leicht zu gehen. Es gab sogar einige Schneefelder aus dem letzten Winter zu überqueren. Der Weg folgte lange dem Tal in großer Höhe bis ich den Pass zwischen Hoch Nideri und Hängeten erreichte, wo dann endlich der Abstieg zur Potersalp begann. Ich merkte jedoch schnell, dass je weiter ich den Säntis hinter mir lies, immer mehr Wolken auftauchten. Das waren nicht nur weiße harmlose Wolken, sondern tiefhängende schwarze. Nach dem Pass, sah ich dass sich in der Ferne im Westen sehr viele dunkle Wolken mit den ersten Regenschauern dem Säntis näherten.