Salzburg und Kampenwand
Vor einem Jahr und zwei Tagen haben wir uns in Edmonton, Alberta, das letzte Mal gesehen. Wer hätte gedacht, dass wir Philip und Ethan schon so bald wieder sehen werden. Vor ein paar Wochen meldete sich Erin bei mir, um mir vorzuschlagen, dass die drei uns zusammen besuchen würden. Ethan und Philip waren seit langer Zeit mal wieder außerhalb von Kanada unterwegs und verbrachten zwei Wochen in Europa. Natürlich zunächst in Kopenhagen, aber eben auch ein bisschen in Süddeutschland und anschließend in Venedig.
Die drei sind bereits am Freitag morgen in München gelandet und haben bei strahlendem Sonnenschein die bayrische Landeshauptstadt unsicher gemacht.
Über Nacht änderte sich das Wetter komplett. Die Wolken hingen tief. Die Berge waren von Rosenheim aus nicht mehr zu erkennen und es regnete heftig. Nach einem langen Frühstück setzen wir uns ins Auto und fuhren nach Salzburg. Kaum angekommen – versorgten wir uns erst mal mit genügend Regenschirmen. Nach dem Salzburger Dom ging es hinauf auf die Salzburger Festung. Der Rundgang und das anschließende Museum waren hochinteressant. Die Firstbischöfe haben es sich in der Vergangenheit ganz gut gehen lassen. Das Wetter meinte es nicht gut mit uns. Schnell durchquerten wir die Stadt mit unseren Regenschirmen und verschwanden im Mozarthaus. Ich war schon oft in Salzburg, aber nie im Mozarthaus. Von außen sieht das Gebäude so klein und schmal aus, aber im inneren gibt es unzählige interessante Ausstellungsräume.
Der nächste Morgen fiel ebenso ins Wasser wie der vorangegangene Tag. Gegen Mittag jedoch begann sich der Himmel etwas aufzuhellen, so dass wir es wagen konnten auf die Kampenwand zu gehen. Philip und Ethan entschieden die Seilbahn zu benutzen. Erin und ich wanderten die zwei Stunden bergauf bis zur Hütte, wo wir uns alle treffen wollten. Wir merkten den Aufstieg gar nicht, denn wir quasselten die ganze Zeit über Gott und die Welt. Plötzlich standen wir vor der Hütte und es begann leicht zu schneien. Von Philip und Ethan weit und breit keine Spur. Wir setzen uns zunächst in die Gaststube in der Hoffnung, dass die beiden noch kommen würden. Wir tranken eine heiße Schokolade, aber die beiden kamen immer noch nicht. Wir entschlossen uns, zurück Richtung Seilbahn zu gehen, um hinabzufahren, weil die Bahn bald Feierabend machen würde. Während der Fahrt nach unten bekamen wir in der Gondel von Philip einen Anruf, dass sie immer noch in der Hütte warten und sich wundern, wo wir bleiben. Leider war die Verbindung so schlecht, dass wir kaum etwas verstanden hatten. Wir sagten nur, dass wir gleich da sind (und meinten damit unten) und die beiden haben nur verstanden, dass wir gleich da sind (aber an der Hütte). Da wir die beiden unten an der Talstation nicht fanden, rief ich Philip nochmal an. Die Verbindung war besser und wir alle waren geschockt. Die beiden saßen im Winternotraum und hatten noch 7 Minuten bis zur letzten Seilbahn. Der Weg zur Bergstation war aber mit 30 Minuten veranschlagt und führte über einige Schneefelder. Die beiden rannten los. Erin und ich gingen in der Talstation zur Kassiererin und baten sie noch auf zwei Wanderer zu warten. Die Kassiererin war sehr unfreundlich und meinte, dass hier nicht ständig auf letzte Wanderer gewartet werden könne. Und meinte dann weiter ... der Abstieg dauere auch nur 2 Stunden. Da gab es aber zwei Probleme, denn zum einen war Ethan nicht gut zu Fuß und zum anderen mussten die drei am frühen Abend noch den Nachtzug nach Venedig erreichen. Jetzt konnten wir nur hoffen.
Erin und ich saßen und standen neben der Talstation immer die hinabgleitenden Gondeln fest im Blick. Noch lief die Seilbahn, obwohl es nach 17 Uhr war. Fast jede Gondel war leer oder mit unbekannten Gesichtern besetzt. Irgendwann kam eine SMS „We got it!“ Was für eine Erleichterung. Die letzte Gondel die herunterkam, hatte total beschlagene Scheiben. Philip und Ethan waren total außer Atem und am Ende ihrer Kräfte. Aber sie haben’s geschafft und müssen nicht zu Fuß absteigen. Hurra. Wir alle waren sehr erleichtert. Die beiden waren in der gleichen Hütte wie wir und saßen nur durch eine Holzwand von uns getrennt im Winternotraum. Leider war der Empfang so schlecht, dass wir bei der Hütte nicht telefonieren konnten. Erin wollte sogar erst ausversehen in den Winternotraum hineingehen, aber kurz bevor sie die Tür öffnen wollte, meine ich, dass der bewirtschaftete Gastraum auf der anderen Seite der Hütte sei. Wir schauten nicht in den Winternotraum und warteten stattdessen im normalen Gastraum. In Kanada gibt es kaum bewirtschaftete Hütten, so dass sich Ethan und Philip wahrscheinlich nicht gewundert haben, dass im Notraum kein Ausschank war. Die Geschichte ist gerade noch einmal gut ausgegangen und wir werden uns noch lange daran erinnern.
Am Abend bereiteten wir noch lecker Essen zu (Spätzle) und dann war das kurze Family-Treffen leider auch schon vorbei. Es war schön, die drei Geschwister mal auf einem Haufen zu haben. Wir haben viel gelacht und uns oft an gemeinsame Dinge erinnert, die wir in den letzten 14 Jahren gemeinsam erlebt haben.