Querfeldein durchs Malyovitsa Rila

0

In Rila (Ort) angekommen lösten, wir mit unseren einfachen Russischkenntnissen die totale Verwunderung aus. Es gab keinerlei Wegweiser oder Wanderschilder und wir wusste nicht, wo wir am besten mit unserer Wanderung beginnen sollten. Nach kurzer Zeit waren wir auf dem Dorfplatz von Rila von 10 - 20 Leuten umgeben, die uns alle weiterhelfen wollten und am Anfang gar nicht begreifen konnten, dass wir freiwillig und als Urlaub ins Gebirge gehen und uns deshalb von diesem Unterfangen abbringen wollten. Sie boten uns an, uns direkt mit dem Auto zum Rilakloster zu fahren. Am Ende meinte einer, wenn ihr in die Berge wollte, dann geht da hinauf, er zeigte auf einen steil ansteigenden grasbewachsenen Hang, der sich direkt über dem Dorf erhob.

Die steile endlos lange Aufstieg auf den Караула.*
Die steile endlos lange Aufstieg auf den Караула.*
Der Караула von unten sieht ganz harmlos aus.***
Der Караула von unten sieht ganz harmlos aus.***

Der Hang war wirklich steil, aber wir trauten uns, auch wenn nicht wirklich ein Weg vorhanden war, den Anstieg zu. Laut Karte sollte in der Nähe des Gipfels ein Weg beginnen. Etwas oberhalb von Rila schlugen wir am frühen Nachmittag die Zelte auf und erholten uns von der langen Busfahrt.

Eine Nacht auf dem stürmischen Караула (1981 m).
Eine Nacht auf dem stürmischen Караула (1981 m).

Die nächsten Tage zogen wir querfeldein durch steiles Berg- und Grasland. Wenn wir einen Weg fanden, dann verlor sich dieser nach kurzer Zeit wieder. Wir überwanden sehr steile Anstiege und verschiedene nicht immer ganz leichte Kletterstellen, die von uns mit den knapp 30 kg schweren Rucksäcken das Letzte abverlangten. Wir waren alle unglaublich erschöpft und hatten heftigen Muskelkater - überall. Zu allem Übel hatte jeder, sei es durch Überanstrengung oder schlechtes Wasser, mit Erbrechen und Durchfall zu kämpfen, so dass wir in den nächsten 3 - 4 Tagen nur kurze Strecken zurücklegten konnten.

Erschwerend kam hinzu, dass wir feststellen mussten, dass unsere in Deutschland gekaufte Karte, irgendwie nicht stimmte. Seen, Gipfel, Quellen und Wege der Karten waren in der wirklichen Landschaft nicht vorhanden oder lagen in Bezug auf andere Orte einfach am falschen Platz. Unterwegs trafen wir keine anderen Wanderer, aber gelegentlich Hirten, die uns grob den Weg zum Rilakloster weisen konnten.

Wollgras in er Nähe einer der vielen Seen.**
Wollgras in er Nähe einer der vielen Seen.**
Fast wie ein Bonsai mitten im Hochgebirge.**
Fast wie ein Bonsai mitten im Hochgebirge.**

Am zweiten Tag zelteten wir nach einem, den ganzen Nachmittag andauernden, steilen Aufstieg auf dem Gipfel des Караула (1981 m), wo uns der Wind fast wieder runtergeweht hätte. Wir hatten nur noch wenig Wasser und es gab keine Quelle. Ein trockener Abend, aber aufgrund unserer Verfassung waren wir eh recht appetitlos.

Sonnenuntergang am Градинско езеро (Gartensee).***
Sonnenuntergang am Градинско езеро (Gartensee).***
Ein traumhafter Platz zum Zelten in totaler Abgeschiedenheit.
Ein traumhafter Platz zum Zelten in totaler Abgeschiedenheit.
Zelten mitten im Gebirge.
Zelten mitten im Gebirge.
Querfeldein vom See durch diese Geröllwüste auf den Голям Полич / Großen Polich.***
Querfeldein vom See durch diese Geröllwüste auf den Голям Полич / Großen Polich.***

Den dritten und vierten Tag verbrachten wir an verschiedenen Bergseen (Градинско езеро und Воденичарски гьол), die gerade mal zwei Stunden Fußmarsch auseinander lagen, was aber auch das Maximum aufgrund unseres Zustandes darstellte. Wir folgten teilweise vorhandenen Wegen, die aber auch oft einfach endeten. Wir stiegen auf steile Berge (Голям Полич / Großer Polich (2615 m)) hinauf, in der Hoffnung auf der anderen Seite wieder einen Weg oder markante Punkte auf der Karte auszumachen. Mal fanden wir neue Wege, oft mussten wir aber auch wieder in steile Täler absteigen und über schroffe Geröllfelder (Blockkletterei) auf der anderen Talseite aufsteigen. Die Seen waren nur über anstrengende Kletterpartien zu erreichen. Abgeschiedenheit pur. Wir haben in den eiskalten Seen gebadet, an den Nachmittagen viel geschlafen und wurden an beiden Abenden durch grandiose Sonnenuntergänge belohnt.

Sonnenuntergang am Воденичарски гьол / Mühlentorsee.**
Sonnenuntergang am Воденичарски гьол / Mühlentorsee.**
Stand: 08.11.2020 | Text: Camillo, Bilder: Camillo, Christian*, Martin**, Hagen*** | v7
© 2020 Camillo's Adventures. Alle Rechte vorbehalten, soweit nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet.