Auf nach Bulgarien

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Wer hat Lust auf den Balkan zu einer Wanderung im Hochgebirge? Die Reaktionen waren verhalten, aber trotzdem kam eine kleine feine Reisegruppe zusammen, die jetzt nach Bulgarien und durch das Rilagebirge geführt werden wollte. Auf was haben wir uns da nur eingelassen...?

Vier viel zu schwere Rucksäcke (30 kg) für unseren Weg durchs Gebirge.*
Vier viel zu schwere Rucksäcke (30 kg) für unseren Weg durchs Gebirge.*
All das muss in meinen Rucksack und auf meinem Rücken getragen werden.
All das muss in meinen Rucksack und auf meinem Rücken getragen werden.

Die Planung gestaltete sich im Jahr 2000, als das Internet für die Reiseplanung meist wenige Informationen bereit hielt und speziell in Osteuropa eher „Neuland“ war, mehr als abenteuerlich. Mit all unserem Gepäck wollten wir gern bequem mit dem Zug anreisen, was sich aber preislich, da wir alle entweder Studenten waren oder in Ausbildung steckten, als nicht umsetzbar darstellte. Die preiswerte Alternative war ein Fernbus, der von Berlin über Dresden direkt bis nach Sofia fährt. Der Bus fuhr allerdings auch über Belgrad in Jugoslawien (heute Serbien), was während der Zeit der Jugoslawienkriege lediglich ein Transitvisum zur zweimaligen Ein- und Ausreise vergab. Das Visum musste persönlich im Konsulat in Berlin für 81 DM abgeholt werden. Wir konnten das Konsulat überzeugen, dass nur einer von uns vieren persönlich als Vertretung für alle anderen erscheinen musste.

Unsere Bus- und Zugreise quer durch Europa bis nach Bulgarien.
Unsere Bus- und Zugreise quer durch Europa bis nach Bulgarien.

Die nächste Herausforderung war überhaupt an Kartenmaterial des Rilagebirges heran zu kommen, um grob die Wanderroute abzustecken. In vielen Buchläden gab es nichts. Ein Spezialladen hätte alte russische Militärkarten besorgen könne, aber wir hatten keine Zeit drei Monate darauf zu warten. Christian hatte kurz vor der Reise Glück in Halle und konnte eine grobe Karte besorgen.

Der Urlaub ist ganz anders verlaufen, wie ich am Anfang geplant hatte. Es ging nicht darum einfach nur stur das Rilagebirge von West nach Ost zu durchqueren und den Endpunkt zu erreichen, sondern der Weg war das gemeinsame Ziel. Wir fuhren mit dem Bus von Dresden aus nach Sofia. Die Busfahrt mit ca. 1500 km (33 h) war lang und anstrengend. Zum einen war der Bus zu Beginn

Am Bahnhof von Kocherinovo machten wir unsere Rucksack wanderfertig.
Am Bahnhof von Kocherinovo machten wir unsere Rucksack wanderfertig.

bis auf den letzten Platz ausgebucht und zum anderen musste an den fünf zu überquerenden Grenzen (Tschechien, Slowakei, Ungarn, Jugoslawien und Bulgarien) eine Menge Wartezeit (rund 1 Stunde pro Grenze) eingeplant werden. Ich erinnere mich besonders an die endlos lange Fahrt durch die ungarische Tiefebene. Alles flach, schnurgerade und Maisfelder bis zum Horizont. Da weiß man am Mittwoch schon, wer am Sonntag zu Besuch kommt.

Am Anfang wollten wir zu Fuß nach Rila (Ort) laufen.***
Am Anfang wollten wir zu Fuß nach Rila (Ort) laufen.***
Querfeldein Aufstieg von Rila (Ort) ins Gebirge.***
Querfeldein Aufstieg von Rila (Ort) ins Gebirge.***

An der jugoslawischen Grenze wurden wir einzeln aus dem Bus persönlich zum Grenzbeamten gebeten, was natürlich die Abfertigung unnötig in die Länge zog. Stichprobenhafte Gepäckkontrollen waren auch nicht auszuschließen. Auf der Hinfahrt hatten wir rund fünf Stunden Verspätung plus eine Stunde Zeitumstellung. Der Bus wurde von Grenze zu Grenze immer leerer, denn alle, die nicht die entsprechenden Visas nachweisen konnten, mussten den Bus irgendwo im nirgendwo unweigerlich verlassen. Da gab es teilweise sehr dramatische Szenen.

Unsere erste Nacht im Zelt oberhalb von Rila (Ort).***
Unsere erste Nacht im Zelt oberhalb von Rila (Ort).***

Die Verspätung war für uns sehr passend, denn dadurch kamen wir nicht mitten in der Nacht, sondern am frühen Morgen in Sofia an und konnten direkt in den Zug ins Rila steigen. Der im Verhältnis zum Bus sehr heruntergekommene Zug hielt nach einer zweieinhalb stündigen Fahrt in Кочериново / Kocherinovo 10 km vom Gebirge entfernt. Eigentlich wollten wir vom Bahnhof ins Gebirge laufen, merkten aber sehr schnell, dass wir übernächtigte Gestalten diese Strecke an diesem Tag niemals bewältigen konnten. Nach mehreren missglückten Trampversuchen, hielt ein Bus, der uns für 80 Pfennige pro Person mit in den Ort Rila nahm.

Stand: 08.11.2020 | Text: Camillo, Bilder: Camillo, Christian*, Martin**, Hagen*** | v7
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