Reichtum und Armut
Deutlich interessanter fand ich in den beiden Wochen den Besuch von sozialen Einrichtungen wie zum Beispiel das Christel House. Es handelt sich dabei um eine Bildungseinrichtung, die Slumkindern aus der Umgebung Schulunterricht von der 1. bis 12. Klasse anbietet und anschließend auch den Universitätsbesuch fördert. Die Schulleiterin stellte uns kurz die Einrichtung vor, bevor wir dann einen Rundgang unternahmen. Die Schule war sehr sauber und gut ausgestattet. Die Schüler, speziell in den Grundschulklassen, begrüßten uns stürmisch. Die Kinder können hier kostenlos zur Schule gehen, werden mit Bussen von zu Hause abgeholt, erhalten Kleidung und Essen. Beeindruckend fand ich die Lehrer, die hier eine unglaubliche Energie aufbringen müssen, Kindern aus Familien ohne jegliche Bildung, Unterrichtsstoff zu vermitteln. Die Schulleiterin bestätigte auch, dass die meisten Lehrer nur wenige Jahre in der Schule unterrichten, weil der Druck und die Belastung enorm hoch sind. Mit dieser Einrichtung haben auch die Ärmsten der Armen, die sonst durch das weitmaschige indische Raster der Sozialsysteme fallen würden, eine Chance.
Etwas unpassend war das organisierte Schaulaufen im "Slum" von Bangalore von MBA-Studenten im Businesskostüm. Positiv war, dass es den Bewohnern an diesem Ort, verglichen mit anderen Orten wie Agra oder Jaipur, sehr gut geht. Es gab betonierte Straßen, Wasser, Strom, es lag kein Müll herum und es gab sogar eine Kanalisation. Warum wir ausgerechnet dieses "Nobelslum" besucht haben, ist mir ein Rätsel – zumal es in Bangalore auch ganz andere Ecken gab. Aber wahrscheinlich sollte der anschließende Besuch im Nobelhotel "Pink", wo wir ohne Erlaubnis Fotos machten und dann von den Sicherheitsleuten vertrieben wurden, und der Besuch im Nobelkaufhaus irgendwie einen Kontrast zwischen Arm und Reich vermitteln. Ich fand die ersten beiden Aktionen eher sehr, sehr peinlich.