Krutynia und der Masurische Landschaftspark

In den letzten Tagen hatten wir traumhaftes Wetter. Die Sonne schien, der Himmel war blau und wir waren oft im warmen Wasser baden. Das änderte sich jedoch am nächsten Morgen. Der fast verlassene Zeltplatz in Ukta sollte unser Heim für die nächsten Tage werden, denn als wir erwachten, hörten wir das monotone gleichmäßige Hämmern der Regentropfen auf der Zeltbahn. Nach einer Weile stand fest, der polnische Landregen hört so schnell nicht wieder auf. Es regnete gleichmäßig vor sich hin und unsere Stimmung litt sehr darunter. Wir saßen in kleinen Gruppen auf unsere Zelte verteilt und waren von den ersten drei Paddeltagen ziemlich erschöpft. Draußen war alles nass und grau und der kleine Ort Ukta war auch in wenigen Minuten erkundet.

Gegen Mittag hellte sich der Himmel auf und wir entschieden aufzubrechen, aber in den nächsten Tagen kürzere entspannte Abschnitte zu paddeln. Wir waren gerade beim Beladen der Boote als es erneut anfing zu regnen. Wir warteten kurz ab, aber der Regen nahm weiter zu. Wir entschieden für heute abzubrechen und bauten die nassen Zelte wieder auf. Wir versuchten im Ort einen Wetterbericht der nächsten Tage ausfindig zu machen und fanden einen älteren Herren, der in gebrochenem Deutsch sagte: "Gestern Sonne. Heute Regen. Morgen …“ er zuckte mit den Schultern. Es interessierte ihn einfach nicht. Selbst in Zeitungen waren keine Wetterkarten abgedruckt. Am Abend heizte der Zeltplatzbesitzer die kleine Sauna direkt am Fluss ein. Wir genossen den Abend, schwitzend und sprangen zur Abkühlung immer wieder ins kühle Wasser. Der Regen hielt weiter an.


Am nächsten Morgen gehörten alle Sorgen der Vergangenheit an. Das Wetter war traumhaft schön und wir paddelten endlich weiter. Doch leider nahm die Strömung unerbittlich zu. Es gab Abschnitte, wo man es gerade durch bloßes Paddeln schaffte auf der Stelle zu bleiben. Die einzige Möglichkeit, um voranzukommen, bestand darin im jetzt flachen Wasser auszusteigen und das Boot zu schieben. Diese Strapazen inkl. zwei zu um tragender Wehre, zogen sich über den gesamten Tag hin, haben sich aber am Ende des Tages vollkommen ausgezahlt.


Im untergehenden Licht der Sonne haben wir den Mokresee erreicht. Der See lag spiegelglatt vor uns. Im Wasser spiegelten sich die Birken. An einigen Stellen hing Dunst über dem Wasser. Im Hintergrund am Himmel sah man eine Reihe von Wolkentürmen, die durch das Sonnenlicht, in einer seltsamen roten Farbe schimmerten und unwiderruflich den Eindruck einer alpinen Landschaft entstehen ließen. Es war überall sehr still. Man konnte nur in der Ferne oder auch hoch über uns vereinzelt einige Vögel sehen, die sich teils lautstark zu Wort meldeten. Das andere uns ständig begleitende Geräusch war das Einstechen der Paddel ins Wasser, mit denen wir die goldschimmernde Oberfläche zerschnitten. Alle Mitreisenden, auch die, die zuvor über den strömenden Krutynia gegrummelt hatten, genossen sichtbar und ehrfürchtig die Ruhe.

Die Krutynia stromaufwärts zu fahren ist echt „bescheuert“. Wir haben von Kilometer 89 bis zum Kilometer 57 ca. 32 km gegen die Strömung gekämpft, wobei die harten Abschnitte kurz vor dem kleinen Krutyńskie See lagen. Uns kamen viele Paddler entgegen, aber niemand fuhr flussaufwärts. Ich hatte die Strömung total unterschätzt, aber wir hatten keine Möglichkeit an anderer Stelle Boote auszuleihen und gleichzeitig diese schöne urwüchsige Landschaft zu erleben. Auf dem Morkesee war Halbzeit und wir fuhren, wie auch anderer Paddler mit der Strömung zurück nach Ukta. Auf halber Strecke holten uns die dunklen Wolken wieder ein. Die Boote waren schnell regensicher umgerüstet und wir zuckelten halb unter Bäumen zurück zum altbekannten Zeltplatz.